Samstag, 3. Dezember 2011

Meine Freunde aus der Muckibude oder Einladung zum Weihnachtsbankdrücken

Der erste Artikel zu meinem Fitnessstudio liegt schon seit einigen Wochen in der Schublade. Da würde ich einer Einladung zuteil, die man fast nicht ausschlagen kann. Am 17. Dezember ist Weihnachtsbankdrücken. Ominös das Ganze, aber auf der Proklamation war noch mehr zu lesen. Es würde in verschiedenen Klassen gestartet. Frauen: 50+, 60+, 70+, 80+ Kilogramm und Männer von 70+-100+. Verfügen die Pumper über eine eigene Sprache oder wie soll man das verstehen? Dürfen die Frauen die dort mitmachen nur von 50-80 kg wiegen oder müssen diese gedrückt werden? Und wie sieht es um die Bänke drum herum aus? Gibt es dort Isogetränke aus Glühweintassen und Spekulatius von Powerbar? Muss man, wenn man mit roter Birne auf dem Rücken liegt und die Arme kaum noch hoch bekommt mit den anderen heimeliege Weihnachtslieder singen?
In meinen jungen Jahren hatten wir im Schwimmverein einmal Weihnachtsschwimmen. Dieses wurde im Sprungbecken abgehalten. Die erste Aufgabe bestand darin schwimmend ein Teelicht auf einem Schaumstoffbrett zu balancieren und dabei die Kerze nicht verlöschen zu lassen. Zurückzulegen waren etwa 15 Meter. Damit hatte es sich aber auch schon mit dem weihnachtlichen Getue und der Rest der Veranstaltung ähnelte mehr einem Casting für Kampftaucher der Bundeswehr als einer Bespaßung für Heranwachsende. Es mussten allerlei Gegenstände aus vier Metern Tiefe geholt werden, durch Reifen getaucht werden und mit Anziehsachen geschwommen werden. Man muss erwähnen, dass ich weder in Nazideutschland noch in der DDR aufgewachsen bin. Ein Grund dafür, dass ich erstens noch lebe und zweitens kein Kampftaucher geworden bin, da es sich nur um einen Schwimmverein zur Freizeitbelustigung handelte und nicht um eine Kaderschmiede der HJ oder der FDJ bzw. NVA.

Vielleicht kann man ja beim Vorübergehen in den zweiten Stock lugen und etwas vom weihnachtlichen Treiben erspähen ohne gleich zur Teilnahme genötigt zu werden. Wenn dem so sein sollte, dann werde ich berichten.

Was gibt es zuerst, bzw. was war zuerst da – das Klischee oder die Sache, über die man sich lustig macht?

Die letzten zwei Jahre ging ich zum Sport zu einer Fitnesskette, wo sich rüstige Rentner in stählerne Monstren zwängten und mit roten Köpfen ihre gebeugten Körper wieder ins Lot zu bringen versuchten. Besser als vor dem heimischen Fernseher einen unbemerkten Tod zu sterben und monatelang rumzuliegen und mit dem Geruch die Nachbarn zu belästigen. Und es hatte auch einen gewissen Unterhaltungswert faltige alte Männer in Feinrippunterhemden beim Sport zu beobachten, einer ähnelte dabei erstaunlich Opa Simpson.
Am neuen Wohnort – mitten im Ruhrpott – gibt es keinen Rentnerfitnessklub und so muss ich meinen Rücken, quasi unter Wettbewerbsbedingungen, stählen. Witten liegt nun doch eher am Rande des Ruhrpotts, denn die bekannten Metropolen Essen, Duisburg und Gelsenkirchen sind doch einige Kilometer entfernt. Schimansky und Co treiben ihr Unwesen also doch eher an anderen Orten. Doch in meinem neuen Fitnessstudio könnte ich ganze Tage am Stück verbringen und Leute beobachten. Man könnte Karikaturen von echten Menschen zeichnen und diese in einer Bilderausstellung der breiten Öffentlichkeit zugänglich machen. Dokumentarfilme über Träume von der Schwarzeneggerkarriere und deren Zerplatzen würden die Arte Redaktion in Wonne versetzen. Nun gut. Ganz so aufgepumpt wie der Ex-Terminator sind meine Kollegen aus der Muckibude nun doch noch nicht. Die Ballonhosen, die ich noch aus Berlin kenne, scheinen auch aus der Mode gekommen zu sein. Schade. Der Laden befindet sich in einem ehemaligen Verwaltungsgebäude des Weichenwerks Witten, eingekeilt von Bahngleisen und Werkshallen. Industrieromantik pur. Das Haus würde ich glatt kaufen, allerdings weiß ich nicht, was ich mit drei Etagen mit jeweils ca. 500 qm soll, aber die Immobilie ist echt ein Kracher. Man betritt den Laden und steht gleich in der Mitte des Kraftraums für Normalbefähigte. Am Tresen in der Mitte befinden sich entweder die Trainer oder ein Schild: Bin in der 2. Etage. Dann weiß man, der Homunkulus von einem Mann, ein balkanesischer Typ ca. Mitte 20, trainiert während der Arbeitszeit und wenn einem unten ein Arm in die Mechanik gerät, dann hat man doch bitte mit dem anderen das Gewicht anzuheben um ersteren zu retten. Auf der zweiten Etage befinden sich die Hantelbänke und seltsame Gerüste mit Stangen aus glänzendem Stahl, deren Funktionsweise mir allerdings ein Rätsel ist. An einem könnte man beruhigt gefrorene Rinderhälften aufhängen und es würde nicht auffallen geschweige denn anfangen zu wackeln. Erinnert ein wenig an die amerikanischen Knastfilmen, nur das bei uns nicht mit alten Heizkörpern trainiert werden muss. Unter dem Blechdach befinden sich die Kardiogeräte und der Raum für die Kurse. Da können die Benutzer dann auf Laufbändern auf der Stelle treten, Nordic-Walking betreiben ohne in die fiese Natur zu müssen und ohne Ampeln Radfahren. Wenn ein paar Irre vor imaginären Feinden fliehen und sich dabei einen Wolf rennen, dann bebt die ganze Etage und der Boden schwingt hin und her. Aber das erschüttert den Bau aus dem 19. Jahrhundert nicht.
Ein ganz normaler Trainingstag hat 24 Stunden. Für meinen Mitgliedsbeitrag könnte ich da quasi einziehen und hätte es warm, Strom und sogar auch ein paar Duschen. Ich erinnere mich dabei an die alten Filme mit Adriano Celentano, in denen er sich vor Mördern und Banditen verstecken musste und mit weiblicher Begleitung in einer Billardhalle schläft. Vielleicht könnte ich es mir mit meinem Schlafsack auf einem Laufband oder einer der Sportmatten bequem machen, auf denen man sonst den Bauch trainiert. Würde mich mal interessieren, welche Reaktionen es hervorruft. Die Bude könnte ich dann an ein paar Bergarbeiter vermieten, vorausgesetzt dass sie mir mit ihren Kohlefingern keine Flecken in die Bücher machen.
Man betritt also diese Institution der Leibesertüchtigung und begrüßt freudig die Trainerin – oder das Schild, welches einem verrät das der Homunkulus in der zweiten Etage ist. Aber diese Trainerin muss näher beschrieben werden, da sie so perfekt an diesen Ort passt. Eine Frau, vielleicht fünf bis zehn Jahre älter als ich, man kann es nicht genau feststellen, da das künstliche UV-Licht der Sonnenbank die Haut stark verändert, blond, läuft in einem schwarzen Jogginganzug mit drei goldenen Streifen durch den Laden. Eine nähere Aufgabe scheint sie nicht zu haben, außer dass sie vielleicht die Kaffeemaschine bewacht und ältere Männer vollquatscht. Alle paar Minuten öffnet sich die Tür und zumeist breite junge Männer betreten den Laden. Oft in Baumwolljogginghosen und mit Winterjacke mit Pelzverbrämter Kapuze, deren Haarbesatz sich um ihren Hals ringelt. Was für eine Kombination. Sie sehen aus, als ob sie nur Schnell von der Couch zu ihrem Dealer wollen und sich dabei durch sibirische Kälte kämpfen müssen. Für den Abtransport der heißen Ware bringen sie ganze Sporttaschen mit, um das Haus in den nächsten Wochen nur nicht mehr verlassen zu müssen. Sie gehen immer durch dieselbe Tür, kommen aber nie wieder in den Raum für Normalbefähigte zurück. Ist ein wenig wie im Dritten Reich. Auffallend viele junge Mädchen tauchen auf. Aber auch sie kehren nicht zurück. Beim Weg unter das Blechdach sieht man sie wieder. Sie rackern sich zu geradezu ulkiger lateinamerikanischer Musik ab, schwitzen sich die Alkopops des letzten Wochenendes aus dem Körper und hampeln auf der Stelle herum und verströmen dabei so viel Hitze, dass das Kondenswasser von Innen an der Glastür herabläuft. Im restlichen Haus ist es angenehm temperiert, sodass die sich schon ganz schön ins Zeug legen müssen, damit der Schweiß die Wände hinabrinnt. Irgendwann hat auch die Kursleiterin ein Einsehen und öffnet Türen und Fenster, sodass die schmalzigen Latinoklänge durch das ganze Gebäude dröhnen und sogar die Fernseher vor den Laufbändern übertönen. Was nicht gerade schlimm ist, denn auf die Dialoge der dargebotenen CSI-CIS-Serien kann ich getrost verzichten. Sie lenken nur von den schaukelnden Brüsten der blonden Frau auf dem Laufband gegenüber ab, auf die man sonst unweigerlich schauen würde. Auf dem Weg in die Umkleidekabine muss man an der Latinohölle vorbei und begegnet in der mittleren Etage dem Homunkulus, der entnervt die Tür zum Treppenhaus schließt, um sich in Ruhe seiner affenhaften Konstitution widmen zu können.

Aus der Bahn geworfen

Ich befinde mich im Urlaub, nicht weit von Deutschland entfernt, in einem kleinen Land, welches trotz seiner Nähe große Unterschiede aufweist. Dies beginnt bei der Währung, führt über die Sprache hin zu manchen Gepflogenheiten und Eigenarten der Bewohner – aber dafür liebt man es.
Das Ziel des Tages lautet Entspannung in einem Schwimmbad, indem es neben dem Sportbecken auch eine Sauna und einen Whirlpool gibt. Aber bereits unter der Gemeinschaftsdusche gehen die Fragen los. Der Landessprache nicht mächtig, wäre man gerne Zeuge so mancher Gespräche. Vor allem an diesem Ort, an dem man den Menschen in derartiger Nähe begegnet, die man ohne Kleidung eingehen kann. An dem Greis in der Kabine ist man noch mit Guten Tag und Auf Wiedersehen vorbeigekommen, aber unter der Dusche wird laut geredet und gelacht. Vier alte Männer seifen sich die eigenen Genitalien ein und plaudern unterdessen lebhaft miteinander. Worum mag es bei diesem lustigen Gespräch gehen? Erzählen sie sich von ihren Enkelkindern oder tauschen sie gar Schweinereien und Schlüpfrigkeiten aus? Da würde man gerne mehr verstehen um mitlachen zu können. Wenn es um Schweinereien geht, dann halten sie mich entweder für verklemmt, begriffsstutzig oder für humorlos, da jedes Lächeln ausbleibt.
Das nächste Problem stellt sich vor der Sauna. Man hat schon oft von diversen Sitten und Vorschriften gehört und gelesen, wie dieser Ort zu betreten und zu benutzen ist. So sollen die Japaner so verklemmt sein, dass sie nur in Badekleidung in die Sauna gehen, wenn überhaupt. Manche sollen unter der Badebekleidung sogar noch die Unterwäsche tragen, wenn man dem Buch „Darum spinnen Japaner“ glauben mag. Das Holz sieht frisch und gepflegt aus, ohne verräterische nasse Flecken auf den Bänken, was also eher für die Methode mit dem untergelegten Handtuch spricht. An der Tür prangt ein Hinweisschild, welches auf die einzuhaltende Hygiene hinweist. Spricht das jetzt für die Badehose in der Sauna oder soll man nur ein Handtuch unterlegen? Badetoys sind wohl verboten, womit die Schwimmhilfen gemeint sein dürften. Um keinen Fehler zu begehen lässt man die Badehose an, legt sein Handtuch aus, zieht sich die Badebekleidung aus, da man ja alleine in der Schwitzhütte ist und nimmt genüsslich Platz. Nach ein paar Minuten betritt einer der gediegenen Herren den Raum, guckt sich um und zieht sich auf die mittlere Ebene, wo er mit dem blanken Arsch auf den heißen Brettern Platz nimmt, zurück, obwohl zurückziehen das falsche Wort ist, da er mitten im Weg sitzt und mit seiner schlaffen Sitzfläche jegliche Chance auf ein Durchkommen verhindert. So war das bestimmt nicht gedacht mit der Hygiene. Aber schon nach kurzer Zeit spielt entweder der Kreislauf nicht mehr mit oder ihm ist es ohne seine Freunde einfach zu langweilig. Jedenfalls ist er auf dem Weg hinaus noch klappriger und tastet sich an der Wand entlang, wobei er sich die Pfoten verbrannt haben dürfte.
Auf dem Weg in die Schwimmhalle fallen die mehrsprachigen Hinweise auf. Auf einem Schild heißt es auf Deutsch:“ Schlechte Hygiene wird mit Ausweisung bestraft.“ In den letzten Wochen hat die dänische konservative Regierung mit der Wiederaufnahme von Grenzkontrollen für Schlagzeilen gesorgt. Da ist es nicht undenkbar, dass schlecht gewaschene Haare, zu lange Zehennägel oder Schuppenflechte ebenso hart bestraft werden. Hoffentlich erhält man die Möglichkeit sich wenigstens wieder vollständig zu bekleiden, bevor sie einen auf die Fähre setzen, sonst ist man in diesem kalten Herbstwetter unweigerlich dem gesundheitlichen Untergang geweiht.
Ersteinmal auf die Wasserrutsche, die sich als schneller und gefährlicher als gedacht erweist. Ich weiß noch wie wir als Kinder immer unter den farbigen Rutschen standen und dort zugeschaut haben wie besonders dicke Menschen als schwarze Klumpen den Weg in die Tiefe nahmen. Es war genau zu sehen, dass die massigen Körper das Wasser aufstauten und vor den Menschen nur noch ein Rinnsal die Rutschbahn benetzte, wohingegen der Mensch zu ertrinken drohte, da sich über seinen Schultern gurgelnd das nachströmende Wasser sammelte. Soweit war es bei mir zum Glück noch nicht, aber ich schob eine beachtliche Masse Wasser vor mir her, die an einer engen Kurve platschend über die Umrandung schoss. Sollte man sich Gedanken machen? Runter kommen sie jedoch alle, bis auf Homer Simpson. Ab in den Whirlpool, der nach kurzem Warten leer ist. Leider ist man nur kurz allein. Schon bald kommen vier Kinder, denen das warme Wasser ebenfalls zu gefallen scheint. Am liebsten würde man ihnen sagen, dass die Hände über den Beckenrand gehören und nicht gepinkelt wird, auch wenn es gerade so schön warm ist. Aber leider würden sie einen eh nicht verstehen. Man kann sie nicht mal anpfeifen, als man schon häufiger bei irgendwelchen Tauchspielen im Weg zu sein scheint und deshalb den einen oder anderen Tritt abbekommt. Nix mit Entspannung. Vor allem fällt es schwer sich zu entspannen, wenn die Bademeisterin aussieht wie aus einem Pornofilm entsprungen. Die Sprachprobleme haben aber auch ihr Gutes. So kann man nicht für Michael Jackson gehalten werden, wenn man mit vier Kindern im Pool sitzt, da jedwede Kontaktaufnahme unterbunden ist. Was ist das nur für eine Welt, in der man sich um so etwas Gedanken machen muss?

Zufallsbild

DSCF00191

Alle Links in Popups öffnen

alle Links auf der aktuellen Seite in einem neuen Fenster öffnen 

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Status

Online seit 6753 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 15. Jul, 02:08

Web Counter-Modul


Profil
Abmelden
Weblog abonnieren