Professoren scheinen ihren Titel nicht zu unrecht zu tragen
Diese Erkenntnis ereilte mich gestern Abend, gut eine Woche vor der ersten Examensklausur, beim Verfassen eines handschriftlichen Briefes. Schon nach wenigen Zeilen, die Seite war erst zur Hälfte gefüllt, tat mir die Hand weh und begann sich von der ungewohnten Bewegung zu verkrampfen. Oh Gott, wie soll das erst in einer Woche werden, wenn vier Stunden mit emsigen rhythmischen Schreibbewegungen verbracht werden, welche als Endprodukt eine, von profunden Sachkenntnissen strotzende, sonntagsschriftliche Klausur erschaffen sollen.
In diesem Moment kam die kauzige Stimme eines meiner Professoren in den Sinn, der uns einst im Grundstudium, als ich gerade die Fertigkeit des Schreibens mit zehn Fingern erwarb, mahnte mehr mit der eigenen Hand und dem Füller zu schreiben, da diese Fähigkeit bei den jungen Menschen unterzugehen drohe. Es brach Gelächter aus, so wie häufig wenn er uns mit seinen Ermahnungen zu besseren Menschen erziehen wollte. Neben seiner Pädagogischen Funktion übe er ebenfalls eine orthopädische aus, teilte er mir mit, als er mich mitten im Seminar aufforderte mich aufrecht hinzusetzen. Ein anderes Mal schrieb er an eine meiner Arbeiten auf das Deckblatt, mit einem Pfeil in Richtung Heftklammer, die, in ihrer Groteske, schon wieder komischen Worte „Heftet man so?“ Ich hatte in morgentlicher Eile die Heftklammer am linken oberen Rand nicht in der Stellung von unten links nach rechts oben aufsteigend angebracht, sondern nach einem vergeblichen Versuch die entgegengesetzte Ausrichtung nicht gewählt sondern vielmehr in Hektik fabriziert. An dieser Stelle kann ruhig unerwähnt bleiben, dass sich dieser Mann in seinen letzten Semestern zu einem, für Studenten, Kollegen, Universitätspräsidenten und für die Frauenbeauftragte kaum noch tragbaren Egozentriker entwickelte, der seiner Pensionierung geradezu entgegenzuschreien schien.
Es gab nur wenige Studenten, die es mit ihm aushielten. Auch mich zog es weniger aus Begeisterung und Wissbegier in seine Veranstaltungen, statt dessen war es eher die Suche nach altersstarsinniger Belustigung. Dementsprechend wenig blieb auch von der Französischen Revolution, der Renaissance in Italien, dem päpstlichen Nepotismus, dem Abfall der Niederlande von Spanien, dem transatlantischen Sklavenhandel, der Magna Charta und der Schlacht auf dem Lechfeld bei mir hängen, aber seine, in ihrer Verschrobenheit schon wieder altersweisen Ratschläge werden ein Leben lang in mein Gedächtnis eingeprägt bleiben. Vor einigen Monaten, als ich mit einem Rückenleiden in der städtischen Klinik weilte, erwachte ich eines Nachts, nicht von den an Onanie grenzenden Klagelauten meines Leidensgenossen, sondern weil sich eine Schemenhafte Gestalt an mein Bett geschlichen hatte, die sich mir durch unverkennbare Merkmale als eben dieser Professor zu erkennen gab, und leise in meine, noch von der Operation vernebelten Sinne raunte: „hätten Sie mal mehr gerade gesessen, sie Faulpelz.“
Gestern Abend besann ich mich also des Ratschlages, vielleicht war es auch schon als unterschwelliger Befehl zu verstehen gewesen, den allerdings fast niemand befolgte, den samstäglichen Kohlkauf auf dem Wochenmarkt nach seinem Vollzug zu Hause handschriftlich auf vier Seiten, am Küchentisch sitzend, niederzuschreiben – weil ja niemand mehr in der Lage wäre noch vernünftig mit der Feder zu schreiben. Mittlerweile scheint es mir fast zu spät zu sein, diese jahrelange Versäumnis innerhalb von, nunmehr sind es noch sechs, wenigen Tage nachzuholen.
Ach, hätte ich diese Zeilen doch ebenfalls mit der Hand auf ein Blatt Papier gebracht.
In diesem Moment kam die kauzige Stimme eines meiner Professoren in den Sinn, der uns einst im Grundstudium, als ich gerade die Fertigkeit des Schreibens mit zehn Fingern erwarb, mahnte mehr mit der eigenen Hand und dem Füller zu schreiben, da diese Fähigkeit bei den jungen Menschen unterzugehen drohe. Es brach Gelächter aus, so wie häufig wenn er uns mit seinen Ermahnungen zu besseren Menschen erziehen wollte. Neben seiner Pädagogischen Funktion übe er ebenfalls eine orthopädische aus, teilte er mir mit, als er mich mitten im Seminar aufforderte mich aufrecht hinzusetzen. Ein anderes Mal schrieb er an eine meiner Arbeiten auf das Deckblatt, mit einem Pfeil in Richtung Heftklammer, die, in ihrer Groteske, schon wieder komischen Worte „Heftet man so?“ Ich hatte in morgentlicher Eile die Heftklammer am linken oberen Rand nicht in der Stellung von unten links nach rechts oben aufsteigend angebracht, sondern nach einem vergeblichen Versuch die entgegengesetzte Ausrichtung nicht gewählt sondern vielmehr in Hektik fabriziert. An dieser Stelle kann ruhig unerwähnt bleiben, dass sich dieser Mann in seinen letzten Semestern zu einem, für Studenten, Kollegen, Universitätspräsidenten und für die Frauenbeauftragte kaum noch tragbaren Egozentriker entwickelte, der seiner Pensionierung geradezu entgegenzuschreien schien.
Es gab nur wenige Studenten, die es mit ihm aushielten. Auch mich zog es weniger aus Begeisterung und Wissbegier in seine Veranstaltungen, statt dessen war es eher die Suche nach altersstarsinniger Belustigung. Dementsprechend wenig blieb auch von der Französischen Revolution, der Renaissance in Italien, dem päpstlichen Nepotismus, dem Abfall der Niederlande von Spanien, dem transatlantischen Sklavenhandel, der Magna Charta und der Schlacht auf dem Lechfeld bei mir hängen, aber seine, in ihrer Verschrobenheit schon wieder altersweisen Ratschläge werden ein Leben lang in mein Gedächtnis eingeprägt bleiben. Vor einigen Monaten, als ich mit einem Rückenleiden in der städtischen Klinik weilte, erwachte ich eines Nachts, nicht von den an Onanie grenzenden Klagelauten meines Leidensgenossen, sondern weil sich eine Schemenhafte Gestalt an mein Bett geschlichen hatte, die sich mir durch unverkennbare Merkmale als eben dieser Professor zu erkennen gab, und leise in meine, noch von der Operation vernebelten Sinne raunte: „hätten Sie mal mehr gerade gesessen, sie Faulpelz.“
Gestern Abend besann ich mich also des Ratschlages, vielleicht war es auch schon als unterschwelliger Befehl zu verstehen gewesen, den allerdings fast niemand befolgte, den samstäglichen Kohlkauf auf dem Wochenmarkt nach seinem Vollzug zu Hause handschriftlich auf vier Seiten, am Küchentisch sitzend, niederzuschreiben – weil ja niemand mehr in der Lage wäre noch vernünftig mit der Feder zu schreiben. Mittlerweile scheint es mir fast zu spät zu sein, diese jahrelange Versäumnis innerhalb von, nunmehr sind es noch sechs, wenigen Tage nachzuholen.
Ach, hätte ich diese Zeilen doch ebenfalls mit der Hand auf ein Blatt Papier gebracht.
oscar Matzerath - 4. Jan, 14:16
Wie man die Schreibhand in Kürze trainiert, dafür hat der "für die Frauenbeauftragte [u.a., der Verf.] kaum noch tragbare Egozentriker" aber auch kein probates Mittel, oder?
Viel Erfolg wünscht ein Pankower!
Wenn das nicht schon wieder ein kleinwenig philosophisch klingt. da besteht Hoffnung.