Freitag, 19. November 2010

Ein Name hat Konjunktur – ein Gedankenstreifzug

Heute in der Früh las ich die Mail eines Kollegen: Der Nachwuchs ist da und der Bub heißt Konrad. Ein ungewöhnlicher Name möchte man meinen, wenn nicht vor wenigen Monaten andere Freunde von mir ihren Sohn mit zweiten Namen nicht ebenfalls so genannt hätten.
Beim Kochen spinnen sich die Gedanken fort, wie das Netz einer Spinne…
Konrad, da fallen einem Wissenschaftler oder Politiker ein: Konrad Zuse, Konrad Lorenz, Konrad Röntgen und Konrad Adenauer. Obwohl man Letzteren ebenfalls mit Recht zu den Erfindern zählen könnte. Wo wären wir heute ohne Kölner Wurst oder die Gießkanne mit aufklappbarem Deckel? Zuse ist der Vater des Computers, Lorenz der Gründungsvater der Tierpsychologie und der Name Röntgen erklärt sich von Selbst. Im Bereich der Germanistik fällt mir da eher die Klugscheißerbibel des Herrn Konrad Duden ein, aber wo wären wir ohne einheitliche Orthografie? Da könnte ja jeder schreiben, wie er will und man müsste wieder zur schwarzen Pädagogik greifen, wie einst Herr Hoffmann im Struwwelpeter, wo es heißt: „Konrad, sprach die Frau Mama, „Ich geh aus, und du bleibst da. Sei hübsch ordentlich und fromm, bis nach Haus ich wieder komm, und vor allem, Konrad, hör! Lutsch nicht am Daumen mehr: Denn der Schneider mit der Scher kommt sonst ganz geschwind daher, und die Daumen schneidet er, ab, als ob Papier es wär.“ Dem Leser dürfte das Ende dieser Geschichte bekannt sein, dabei bedeutet der Name etymologisch in etwa so was wie „Guter Ratgeber“. Den hätte er sich Mal selbst geben sollen, dann hätte er seine Griffel behalten. Ein anderer komischer, dicker Junge, der sich als Bücherdieb mit seiner Beute auf dem Schulspeicher verkriecht und sich nach Phantasien entliest, hat sogar drei K im Namen: Karl Konrad Koriander. In einer ebensolchen Fantasiewelt befand sich ein Bengel mit ebendiesem Namen, der Schüler an einer Hauptschule war und von einer Karriere bei der Kripo träumte. Das Kerlchen sah sehr nach Migrationshintergrund aus, aber mit so einem urdeutschen Namen, ist das ja quasi ausgeschlossen. Da springt einen die Leitkultur direkt ins Gesicht. Trotzdem bezweifle ich, dass er jetzt bei der Kripo ist. Recherchen im Internet haben ergeben, dass es unter anderem in Mannheim eine Konrad Duden Hauptschule gibt, was sich meines Erachtens schon im Vorhinein ausschließt. Ich nenne ja auch kein Rennpferd „Schlurfi“ oder eine neue innovative Erfindung auf dem Waschmaschinensektor „Dreckschleuder“.
Eltern denken bei der Auswahl von Namen für gewöhnlich an angenehme Wortfelder, wie Tiere, Heilige, Schauspieler oder Fußballer.
Bei den Heiligen gibt es tatsächlich einen Heiligen, der aus Konstanz stand, aber beide Familien sind meines Wissens nicht religiös geprägt. Im Jahre 2009 ist in Pyrmont der Berberaffe Konrad aus seinem Käfig entwischt und hielt tagelang die Gemeinde in Aufregung, bis er durch einen Narkoseschuss gestoppt werden konnte. Hoffen wir, dass dieser Primat nicht der Namensgeber für diese Erdenbürger ist, da die Tätigkeiten Ausbruch und Flucht eher auf eine Knastkarriere schließen lassen, als auf ein geregeltes Familienleben. Vom zerrütteten Familienleben ist es nicht weit zum Privatfernsehen und zum perfekten Promi-Dinner, wo die Semiprominenz von einst sich heute eine, vielleicht letzte, Gravur für den Gedenkstein abholen. Ebenfalls der Schauspieler Konrad Krauss, „bekannt“ aus Serien wie „Tatort“, „Großstadtrevier“ oder „Verbotene Liebe“ panschte in dieser Sendung Lebensmittel miteinander in einen Topf, um nicht ganz in Vergessenheit zu geraten. Demzufolge auch kein Vorbild für einen jungen erfolgreichen Menschen bzw. die hoffnungsvollen Eltern. Bleibt noch der Fußballer. Leider ist mir keine Torkanone mit Namen Konrad bekannt, aber in den Fünfziger-Jahren gab es beim TSV-Bernau ein Vorstandsmitglied mit Namen Konrad Dummerl. Manchmal ist das Leben doch ein Schwein. Da ist der arme Mann sein ganzes Dasein über mit diesem Nachnamen gestraft. Nach all diesen Exoten bleibt wohl nur noch der Heilige Konrad als Namensgeber übrig, der mir doch als Namenspatron lieber ist als ein Politiker der CDU.

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Zuletzt aktualisiert: 15. Jul, 02:08

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